1. Restaurierung von Portalen aus der Spätbarockzeit

Oberflächenabtragung
Oberflächenabtragung

am Kloster Essen-Werden, Folkwanghochschule
Teil 1 von 5

1. Demontage und Oberflächenabtragung

Eine große Aufgabe für über die Hälfte unserer Belegschaft: die umfassende Restaurierung zweier Portale aus der Spätbarockzeit am Kloster Essen-Werden im Auftrag des Landes Nordrhein Westfalen. Es handelt sich dabei um den Haupteingang im Westflügel und den Eingang zum Verwaltungstrakt der Schule.

Bildquelle: Stiftung Laupendahl
Bildquelle: Stiftung Laupendahl

Die Portale sind in Eichenholz mit aufwendigen Schnitzarbeiten und bestehen jeweils aus zwei Flügeln mit Oberlichten in einem Blendrahmen.

Das ehemalige Kloster Werden ist eine Gründung aus dem 8. Jahrhundert und wurde um 1790 im Spätbarockstil umgebaut. Seit 1945 ist es die Heimat der Folkwang-Hochschule für Musik und Tanz.

Seit 2003 wird die weitläufige Klosteranlage umfangreich restauriert.
Diese heute etwa 220 Jahre alten Bauteile befinden sich seit Mitte Oktober zur Bearbeitung in unserer Werkstatt.  Die 2,5 x 3,7 m großen Portale wurden dafür samt Rahmen ausgebaut und durch Provisorien ersetzt.
Sechs Mitarbeiter sind zur Zeit an den umfassenden Arbeiten beteiligt.

Die Ausführung gliedert sich in die Arbeitsphasen:

  • Bestandsaufnahme
  • Ausbau der Flügel und Rahmen und Einbau von Provisorien
  • Demontage von Beschlägen und Verglasung
  • Abtragung der Oberflächenschichten
  • Technische Instandsetzung von Türblättern und Rahmen                           
  • Ergänzung von Verlustteilen und beschädigten Profilen, Schnitzarbeiten
  • Rückführung früherer Reparaturen
  • Bearbeitung von Rissen und Fehlstellen  
  • Einbau von Technik für Zugangskontrolle und Fluchtwegsicherung
  • Aufbau einer neuen Oberfläche in Weiß
  • Bearbeitung von Beschlägen und Schmiedegittern und deren Konservierung
  • Neuverglasung der Oberlichtfenster
  • Wiedereinbau im Gebäude

Westportal Außenansicht und Westportal InnenansichtDas Westportal weist von innen und außen große Schäden auf. Der geschnitzte Löwenkopf auf der Außenseite des Gehflügels hat im Laufe der Jahrzehnte sein Gesicht fast verloren, unten sind Stoßbretter und Profilleisten ziemlich zersetzt und viele Lackschichten verbergen die Feinheiten der geschnitzten Ornamente. Im Lack sind zahlreiche Risse erkennbar, die auf darunter liegende geschädigte Holzpartien schließen lassen. Auch innen stören Risse und abgängige Zierbeschläge, verschlissene Oberflächenschichten und notdürftig ausgeführte Reparaturbereiche den schönen Anblick.  Im Schlossbereich wurde über die zwei Jahrhunderte immer wieder andere Schließtechnik eingebaut, vorhandene Ausnehmungen ausgeflickt und neue ausgestemmt bis hin zur Zerstörung verbindender Rahmenzapfen und rücksichtsloser Bohrungen für elektrische Kabel.

Verwaltungsportal Außenansicht und Verwaltungsportal Innenansicht

Das Portal des Verwaltungsflügels weist ein ähnliches Schadensbild auf: stark verschlissene Oberfläche, abgängige Profilteile, Risse im Holz, zersetzte Holzpartien, „gewachsene“, störende Schließtechnik.

Farbabtragung

Um Aufschluß über die  Anzahl der Lackschichten und die Ursprungsoberfläche zu erhalten, werden an verschiedenen Stellen Farbabtragungen vorgenommen. So erhält man auch Hinweise auf möglicherweise unterschiedliche Fassungen oder gar Vergoldungen verschiedener Profilteile. Wir finden  drei verschiedene weiße Lackschichten und die dunkelbraune Originaloberfläche auf einer Leinölgrundierung (Feld 2) auf den jeweiligen Außenseiten der Türen und der Innenseite des Verwaltungsflügels. Auf der Innenseite des Westflügels ist die originale Oberflächenfassung in verschlissenem Zustand erhalten.

Die weißen Überstriche wurden in unterschiedlichen Anstrichsystemen ohne Rücksicht auf die Verträglichkeit ausgeführt, so dass es zu zahlreichen Spannungsrissen und Schichtbrücken über Ornamentvertiefungen ohne Haftung auf dem Holzgrund kam.

Eine Infrarotlampe löst den Lack schnell vom Holz ab.

Der erste restauratorische Eingriff ist  das Abtragen der Oberfläche. Radikalmethoden wie Laugenbad und Dampfstrahler oder Schleifgeräte sind dabei ausgeschlossen. Viel zu groß wären dabei die Schäden an Verbindungen und Fugen und die Zerstörung der Feinheit  von Ornamenten und Profilen. Drei Methoden haben sich dabei als wirksam erwiesen:

  • Erwärmung der Lackschicht durch Infrarotlicht. Dabei löst sie sich vom Holzgrund und kann mit Schabern abgetragen werden. Diese Methode eignet sich auf glatten Flächen und auf linearen Profilierungen
  • Mechanische Abtragung mit Ziehklingen und breiten Stecheisen. Funktioniert gut, wo wenige Oberflächenschichten übereinander liegen und die Schichten nicht gut untereinander haften.
  • Im Bereich der Schnitzornamente konnte nur mit Abbeizerpaste gearbeitet werden. Hier sind die Farbschichten besonders dick aufgetragen und können nur einzeln angelöst werden. Nach dem Aufquellen ließ sich die Farbe mit Skalpell, modifizierten Stecheisen, Modellierwerkzeug und Zahnarztbesteck aus den Ornamenten herausschnitzen.  Diese sehr akribische Arbeit erwies sich als äußerst zeitintensiv. Obligatorisch ist dabei die anschließende und gründliche Neutralisierung.

Abschälen der Lackschicht an den Schnitzereien, nachdem diese mit Abbeizerpaste behandelt wurden.

Gangflügel des Westportals von innen und außen nach dem Abbeizen

Die Schnitzereien werden zunächst mit Abbeizerpaste bestrichen und wirken dann unter Folie ca. ½ Std ein.

Endlich sind die Zähne des Löwen wieder erkennbar und seine Mähne hat an Plastizität gewonnen.


Teil 1 der fünfteiligen Serie: „Restaurierung von Portalen aus der Spätbarockzeit am Kloster Essen Werden, Folkwanghochschule”

  1. Demontage und Oberflächenabtragung
  2. Technische Instandsetzung
  3. Ergänzung von Verlustteilen, Profilen und Schnitzarbeiten, Bearbeitung von Rissen
  4. Instandsetzung von Beschlägen und Gittern
  5. Holzkonservierung und Oberflächenaufbau